Widerständige Frauen in Bochum und Witten

Heute vor 75 Jahren wurde Europa und die Welt von der mörderischen Nazi-Diktatur befreit. Aus diesem Anlass wollen wir der Frauen gedenken, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus ihr Leben riskiert haben. In Bochum und Witten sind in der Nacht zum 08.05.2020 Silhouetten von Widerstandskämpferinnen angebracht worden. Im folgenden Beitrag werden die persönlichen Geschichten dieser Frauen erzählt.

Widerständige Frauen in Bochum und Witten

“Zeigen wir unseren Feinden durch einen wuchtigen, geschlossenen, unermüdlichen Einsatz, dass sie in dieser Frau alle Frauen, in dieser Mutter alle Mütter, in dieser Kämpferin für den Frieden – den Frieden selbst schänden.”
Aufruf von Anna Seghers in der Pariser Tageszeitug 1937 nach der Verurteilung der Widerstandskämpferin Lieselotte “Lilo” Herrmann. Lilo Herrmann wurde am 20. Juni 1938 in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil hingerichtet.

„Dass ich noch lebe, verdanke ich jenen Menschen, die bereit waren einen
 Verfolgten aufzunehmen. In der Mehrzahl waren es Frauen.“ Überlebender

Erneut möchten wir an die Frauen erinnern, die während der nationalsozialistischen Diktatur in Bochum aktiv Widerstand leisteten und diesen mit Haft, Folter, Emigration oder ihrem Leben bezahlen mussten. Zumeist waren es politisch organisierte Frauen aus der Arbeiter*innenbewegung wie Kommunistinnen und Sozialdemokratinnen, aber auch Jüdinnen, christlich und humanistisch geprägte Frauen.

Jahrzehnte nach der Kapitulation Nazideutschlands werden ihre Akte des Widerstandes noch immer marginalisiert.

Bisherige Darstellungen des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus stellen vor allem Männer in den Fokus. Sie standen in der Regel im Vordergrund und prägen das Bild der Gegner Hitlers bis heute. Der Blick auf die Frauen, die entweder „dahinter“ standen oder aber auch eigene Formen des Widerstandes entwickelten, kommt dabei bislang zu kurz.
Als sich nach der Zerschlagung des nationalsozialistischen Regimes, den durch Teile der Alliierten eingeführten didaktischen Demokratisierungsmaßnahmen, der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, eine Verdrängung der deutschen Taten einsetzte und das Täter*innenvolk endlich wieder seine angestrebte Lebensnormalität zelebrieren durfte, galt jeder Mensch, der Widerstand geleistet hatte, in der gesellschaftlichen Mehrheit als „Verräter“.
Es dauerte Jahrzehnte bis bürgerliche, sozialdemokratische und christliche Widerstandsgruppen von der Bevölkerung rehabilitiert und nachfolgend zur Schreibung des Narratives eines „Deutschlands als Erinnerungsweltmeister“ instrumentalisiert wurden.
Die Wertschätzung jüdischer, kommunistischer, oder gar anarchistischer Widerständler, dauerte – auch innerhalb des bildungspolitischen Milieus – weitere Jahrzehnte.
Gerade die Anerkennung zionistischen Widerstandes wurde und wird noch immer, durch antisemitische Stereotype kommentiert und bewertet. Die Eigenermächtigung der vermeintlich in die Opferrolle gedrängten jüdischen Kämpfer*innen und ihr Ziel des Aufbaus eines jüdischen Staates, wurde und wird permanent hinterfragt. Die Kontinuität der abgesprochenen Legitimation der Existenz des Staates Israel zieht sich bis in die Gegenwart durch viele Spektren der Gesellschaft, insbesondere jedoch links-liberaler Identitäten, und erlebt in Bochum gerade ihren Höhepunkt mit der Diskussion der Einladung des BDS-Unterstützers Achille Mbembes durch die Intendantin der Ruhr-Triennale, Stefanie Carp, die (geplante) Eröffnungsrede dieses Festivals zu halten.

Der von Frauen geführte Widerstand wurde in der Regel von der deutschen Mehrheitsgesellschaft als passiver Akt kolportiert. Frauen pflegten Verwundete, versorgten und versteckten Geflüchtete, schrieben Flugblätter und transportierten diese in Kinderwagen, dechiffrierten Botschaften des nationalsozialistischen Regimes und hielten Funkkontakt mit der Sowjetunion.
Aber auch aktiver Widerstand wurde von Frauen geleistet. So blockierten beispielsweise die „Frauen der Rosenstraße“ in Berlin das Gebäude der jüdischen Sozialverwaltung. Sie verzögerten hierdurch die Deportation mehrerer Tausend Jüdinnen und Juden und konnten letztlich 25 Menschenleben retten. Erwähnt seien auch die massenhaften Akte der Sabotage der Rüstungsindustrie, durchgeführt von Zwangsarbeiterinnen.
In den Narrativen der Nachkriegszeit wurden Widerstandskämpferinnen oft als widernatürlich angesehen, da sie nicht dem ihnen zugedachten Bild einer sanftmütigen, aufopferungsvollen Frau und Mutter entsprachen. Somit wurden sie als Bedrohung der patriarchalen Verhältnisse wahrgenommen. Viele der Frauen, die gegen das nationalsozialistische Regime kämpften, hatte schon in der Weimarer Republik traditionelle Geschlechterrollen durchbrochen und Ansätze emanzipatorischen Lebens erkämpft. Historikerinnen konnten in den Biografien dieser Frauen auch nach dem Krieg Kontinuitäten des widerständigen Engagement nachweisen, z.B. im Kampf gegen Rassismus, Kolonialismus und Krieg sowie für Geschlechtergerechtigkeit.1

Da das Frauenbild der Deutschen – ausgehend von seiner starken Prägung während des Nationalsozialismus – bis heute in Teilen eine gewisse Kontinuität aufweist, kommt der Erinnerung an Widerstandskämpferinnen besondere Bedeutung zu.
Die Negation ihrer Namen, ihrer Persönlichkeiten und ihrer Widerstandsakte bedeutet Geschichtsrevisionismus, denn es wird unterschlagen, dass sie sich gegen den ihnen zugedachten Rollenstatus und gegen Herrschaftsnormen auflehnten.
Frauen sind keine „Frau, Freundin, Verlobte von…“!
Frauen sind eigenständig denkende und agierende politische Subjekte!

Widerstandskämpferinnen mischten sich politisch ein, übernahmen Verantwortung und versuchten ihre und die Zukunft anderer aktiv und emanzipatorisch zu gestalten!
Ihnen gilt unsere Hochachtung und unser Dank.

Unseren Respekt möchten wir heute aber besonders auch den Frauen* der Kampagne „Ni una más“ aussprechen, welche die schon tradierte Durchführung zig tausender Femizide an die Öffentlichkeit brachten und sich mit all ihrer Kraft ihrer ihnen zugedachten Rollenzuweisung widersetzen und für ihr selbstbestimmtes Leben eintreten!
Gerade in der Gegenwart sollten sie uns daran erinnern, dass wir als Feminist*innen uns weder mit dem normativen Zustand der Gesellschaft zufrieden geben, noch dass wir dem Rollenklischee der AfD, anderer rechtspopulistischer Organisationen, rechter Bündnisse, aber auch dem rechts-konservativen Mainstream nicht entsprechen und uns seiner misogynen, sexistischen, homophoben, antisemitischen, rassistischen Ideologie niemals unterwerfen werden!

Viele Frauen, die Widerstand leisteten, sind bis heute nicht bekannt. Dennoch wollen wir ihrer Gedenken und unseren Respekt zollen. Exemplarisch, auch für jene unbekannte Widerstandskämpferinnen, stellen wir hier einige Biografien vor:

Else Hirsch, 29. Juli 1889 – 1943 (Ghetto Riga)

Else Hirsch wurde am 29. Juli 1889 in Bützow in Mecklenburg-Schwerin geboren. Als Lehrerin wurde sie 1927 per Zuweisungsbescheid durch das Fürsorgeamt nach Bochum versetzt, um an der Israelitischen Schule der jüdischen Gemeinde zu arbeiten. Auch wenn sie über die Versetzung anfangs nicht begeistert war, berichteten Überlebende, dass sie sich dennoch mit viel Elan und Herzblut an ihre neue Aufgabe machte und so, trotz ihres unscheinbaren Äußeren und ihrer als etwas “schrullig” beschriebenen Art, schnell die Herzen der Kinder und den Respekt der Kollegen gewann. Sie galt als streng aber auch gerecht und verantwortungsvoll. Die oft zurückhaltend und schüchtern wirkende Frau bewies häufig großes Organisationstalent und Willensstärke. So organisierte sie, neben dem regulären Unterricht und der Pflege ihrer kranken Mutter, außerschulischen Englisch- und Hebräischuntericht und bereitete so die Menschen auf ein Leben im Exil vor. Ferner engagierte sie sich im jüdischen Frauenverein Bochum.

Nach dem Pogrom vom 9. November 1938, bei der auch die Synagoge abgebrannt und die Schule durch die wütenden SA-Horden verwüstet wurde, musste die Schule zunächst schießen. Else Hirsch kämpfte für die Wiedereröffnung der Einrichtung, was ihr 1939 auch zeitweilig gelang. Die Schule konnte für kurze Zeit ihre Tätigkeit als Privatschule wieder aufnehmen. Da die meisten jüdischen Familien zu diesem Zeitpunkt bereits emigriert oder untergetaucht waren, unterrichtete sie in dieser Zeit nur noch etwa 25 Schülerinnen und Schüler.
Von 1938 bis 1939 organisierte Else Hirsch zusammen mit der Gemeindesekretärin Erna Philipp Kindertransporte von Bochum nach England und Holland und rettete auf diese Weise mehr als siebzig Kindern aus Bochum und Herne das Leben. Diese Kinder waren oft die einzigen Überlebenden ihrer Familien. Erna Philipp blieb mit dem letzten Transport in England und konnte ihr Leben retten. Aus Sorge um die verbleibenden Kinder blieb Else Hirsch indessen in Bochum. Ob sie auch ihre eigene Flucht geplant hatte, ist ungewiss. Die Grenzschließungen mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges machten weitere Ausreisungen nahezu unmöglich. Else Hirsch musste in ein so genanntes “Judenhaus” ziehen, in denen die Menschen unter unwürdigen Bedingungen zusammengepfercht wurden. Die jüdische Privatschule wurde dann 1940 endgültig geschlossen.
Else Hirsch wurde zusammen mit anderen Bochumer Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens 1942 nach Riga deportiert. Überlebende berichteten, dass Else Hirsch selbst im Ghetto noch Kinder unterrichtete und Kranke pflegte.

Ein Überlebender des Rigaer Ghetto schrieb in einem Brief: “Sie war eine Frau mit großem Mut und großer Hingabe”. Wahrscheinlich starb Else Hirsch Anfang 1943 in Riga.

Else Hirsch hat in dunkelsten Zeiten die Menschlichkeit in Bochum hochgehalten.
Heute erinnern ein Stolperstein, eine Straße und seit 1. August 2019 eine Förderschule in Bochum-Gerthe an die tapfere und mutige Lehrerin, die Fluchthelferin für viele Kinder war und dabei ihr eigenes Leben opferte.

Lore Agnes, geb. Benning * 4. Juni 1876 Bochum Deutschland
† 9. Juni 1953 Köln Deutschland

Zitat: “Das Recht, unsere Fraueninteressen zu vertreten, haben wir, und unsere Aufgabe ist es nun, dahin zu wirken, dass unsere Gleichberechtigung mit dem Manne und damit das Wahlrecht uns eingeräumt wird.”

Lore Agnes stammt aus einer Bochumer Bergarbeiterfamilie, der Vater starb früh und sie musste daher sehr jung als Dienstmädchen hart arbeiten. Die während dieser Zeit erfahrenen Härten und sozialen Ungerechtigkeiten bewirkten, dass sie gegen ungleiche gesellschaftliche Bedingungen politisch aktiv wurden und sich insbesondere für Frauenrechte einsetzte.
Zu Fuß lief Lore Agnes von Ort zu Ort, um weibliche Dienstboten anzusprechen und sie über ihre Rechte aufzuklären. 1906 war sie maßgeblich an der Gründung des “Verbandes der Hausangestellten” beteiligt. Noch im selben Jahr heiratete sie den Gewerkschaftssekretär Peter Agnes, womit ihre Dienstmädchenzeit beendet war. Später wurde sie die Mutter von zwei Kindern.
Politisch wurde Lore Agenes stark von den damals prominenten Frauenrechtlerinnen und Sozialistinnen Clara Zetkin und Rosa Luxemburg beeinflußt. Als Frauenrechtlerin wurde sie 1907 zur Vertrauensperson der sozialdemokratischen Frauenbewegung gewählt.

Lore Agnes Clara Zetkin Mathilde Wurm vor dem Reichstag Berlin

Sie war als überzeugte Pazifistin und Kriegsgegnerin in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg aktiv und wurde 1914 nach einer Rede während einer Friedenskundgebung in Düsseldorf, bei der sie alle Frauen zum Widerstand gegen den Krieg aufforderte, für mehrere Wochen inhaftiert. Das hinderte sie jedoch nicht daran, sich weiterhin für Frieden, Frauenrechte und gegen soziale Ungleichheit einzusetzen. 1915 nahm Lore Agnes an der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Bern teil. 1917 wurde sie auf dem Weg nach Zürich zu einer internationalen Frauenkonferenz erneut verhaftet, angeblich weil sie ohne Papiere auszureisen versuchte.
1917 schloss sie sich der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) an und wurde rasch ein zentrales Mitglied in der Leitung der Partei. Von 1917 bis zum Verbot 1933 war sie Reichstagsabgeordnete der USPD (bzw. nach der Wiedervereinigung mit der MSPD Abgeordnete der SPD).
Intensiv setzte Lore Agnes sich für die Förderung von Familien ein.
Nach der so genannten Machtergreifung der Nazionalsozialisten und dem kurz darauf folgenden Verbot der SPD tauchte Lore Agnes unter und leistete illegale Parteiarbei und politische Arbeit im Widerstand. Insgesamt kam sie deshalb dreimal in Haft, kam aber immer wegen schwerer Erkrankung wieder frei. Die letzte Inhaftierung war im Rahmen einer großen Verhaftungswelle 1944 nach dem fehlgeschlagenen Attentat vom 20. Juli auf Adolf Hitler. Nur knapp entkam die mittlerweile 68-jährige der Verlegung in das Konzentrationslager Ravensbrück.
Nach dem Krieg beteiligte sich Lore Agnes maßgeblich am Wiederaufbau der SPD und der Arbeiterwohlfahrt in Düsseldorf. So war sie ab 1945 Mitglied des Stadtrates von Düsseldorf. Buchstäblich bis zu ihrem Tod blieb sie eine aktive Frauenrechtlerin. Am 9. Juni 1953 starb sie während einer Frauenkonferenz der SPD in Köln.
In Düsseldorf, Essen und Radevormwald sind Häuser und Kindergärten der Arbeiterwohlfahrt (AWO) nach ihr benannt. In Düsseldorf und Duisburg tragen Straßen ihren Namen. Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) verleiht den “Lore-Agnes-Preis” für Projekte der Gleichstellung von Frauen.

Christine Schröder, geb. Giboni. *06.09.1900 – +02.02.1980

Christine Giboni kam aus einer Arbeiterfamilie, als junge Frau musste sie harte körperliche Arbeit in einer Zementfabrik leisten. Mit 19 Jahren heiratete sie den Bergmann Franz Schröder und lebte mit ihm in einem von Bochums “roten Vierteln” im Griesenbruch. Das Paar bekam einen Sohn (Josef Schröder). Schon früh nahm sie regelmäßig an Kundgebungen und Demonstrationen für die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeiter teil. Ihr Mann gründete ein Jahr nach der Hochzeit die Bochumer KPD, der Christine Schröder dann 1928 beitrat. Intensiv kämpfte das Paar gegen den aufkommenden Faschismus. So waren die Eheleute Schröder dabei, als am 20.07.1932 tausende Bochumerinnen und Bochumer auf dem damaligen Moltkemarkt (heute Springerplatz) gegen den Staatsstreich in Preussen demonstrierten.
Bereits kurz nach der Machtübernahme der Nazis wurde Christine Schröder im Sommer 1933 für 27 Tage im Polizeigefängnis Bochum inhaftiert.
Im April 1934 folgte die nächste Verhaftung durch die SS.
Nach ihrer Freilassung im Mai 1934 kämpfte sie weiterhin im antifaschistischen Widerstand. Hier hielt sie vor allem Kontakt zu den Widerstandskämpfern des Bochumer Vereins und übernahm Kurierdienste.
Noch im selben Jahr kam es nach Aufdeckung einer Bochumer Widerstandsgruppe um Karl Springer zu einer großen Verhaftungswelle in Herne, Bochum, Wattenscheid und Essen durch die Gestapo, in diesem Rahmen wurde auch Christine Schröder erneut verhaftet. Der Kopf der Gruppe, Karl Springer, wurde im Bochumer Polizeigefängnis von den Nazis zu Tode geprügelt. Nach ihm wurde 1947 der Springerplatz (vorher Moltkemarkt) benannt.

Der Vorwurf gegen Christine Schröder lautete “Vorbereitung zum Hochverat”. Während dieser Haft wurde sie schwer misshandelt und gefoltert, durch brutale Tritte im Unterleib erlitt sie dauerhafte Schäden und war fortan unfruchtbar.
Das hielt sie nicht davon ab, nach ihrer Freilassung den Kampf gegen den Faschismus wieder auf zu nehmen.
Hier eine Liste ihrer Inhaftierungen:
28.07.1933 – 25.08.1933: Polizeigefängnis Bochum
15.04.1934 – 02.05.1934: Polizeigefängnis Bochum
07.10.1934 – 08.03.1937: U-Haft / Schutzhaft Bochum
10.04.1937 Urteil
08.03.1937 – 08.05.1937: Haft in Hamm
08.05.1937 – 07.04.1938: Verlegung in das Frauenzuchthaus Ziegenhain
Nach dem Krieg wurde am 04.09.1947 ihre “Straftat” (Vorbereitung zum Hochverat) getilgt.
Nach dem Krieg war sie erneut in der KPD aktiv und vertrat die KPD auch im Bochumer Stadtrat bis zum Verbot der Partei 1956. 1968 war sie an der Gründung der DKP in Bochum beteiligt.

Unermüdlich setzte sie sich für die Wiedergutmachung für die vom Naziregime Verfolgten ein, so war sie zum Beispiel Mitbegründerin der VVN (später VVN-BdA) Bochum und deren langjährige Vorsitzende (1952-1966). Im Büro der VVN half sie anderen Betroffenen, Wiedergutmachungsanträge zu schreiben.
Aber auch für ihre eigene Wiedergutmachung kämpfte sie ein Leben lang, sie litt durch die Folter und Misshandlungen unter dauerhaften Unterleibs- und Kopfschmerzen.

Auszug aus dem Staatsarchiv Münster (Entschädigungsakte Reg. Bezirk Arnsberg Nr. 23192): “Es wird heute als unglaubwürdig angenommen, dass überhaupt Männer in der damaligen Zeit sich Frauen gegenüber so brutal benommen haben könen. Von den wirklichen Verbrechern will man heute nichts mehr wissen, weil man sie damals gedeckt hat. (…) Ich lege Beschwerde gegen Ihre Rentenfestsetzung nicht nur der Versorgung wegen, sondern über die Art und Weise, wie man uns heute eingeschätzt und behandelt.”
1978 erhielt sie die Ehrenmedaille des Deutschen Widerstandes.
Auch mehrere Herzinfarkte hielten sie bis zuletzt nicht davon ab, am gesellschaftlichen und politischen Leben, sowie den Aktivitäten der VVN teilzunehmen. Sie verstarb am 02. Februar 1980.

Martha Wink *1921 in Bochum, gestorben am 29.01.1945 in Ravensbrück

Leider ist über Martha Wink nicht viel bekannt. Ihr
 Vater war aktiver Kommunist, weshalb Martha Wink schon früh in 
politische Diskussion und Kämpfe eingebunden war. Sie wurde, nachdem sie 
sich 1943 in einem Café, in Anwesenheit eines ihr bekannten Soldaten, laut gegen die Nationalsozialisten und die Nazidiktatur geäußert
 hatte, noch im Café verhaftet. Vom Polizeigefängnis Bochum aus wurde sie nach Ravensbrück deportiert, wo sie nach 13 Monaten am 29.Januar 
1945 zu Tode kam.

Elisabeth Sievers * 27.06.1885, gestorben am 01.04.1942 in Ravensbrück

Auch über Elisabeth Sievers ist nicht viel bekannt. Sie war aktive
 Sozialdemokratin und wurde aufgrund ihrer politischen Arbeit in das
 Frauen-KZ Ravensbrück deportiert, wo sie am 01.04.1942 starb. Ihre Urne wurde wenig später in Bochum beigesetzt. Als 1967 die „Ehrenstätte für politisch Verfolgte” auf dem Friedhof am Freigrafendamm geschaffen wurde, erfolgte die Umbettung der Urne von Elisabeth Sievers hierhin. Heute erinnert 
ein Kissenstein auf diesem Ehrengräberfeld.

Anna Elfriede Möhrke, geb. Christoph + 29.10.1890 in Groß Gay Abbau (Posen) – + 29.04.1974 in Witten

Elfriede Möhrke lebte von 1915 bis in die 1930er Jahre mit ihrem Mann und ihren 3 Kindern in der damaligen Wilhelmstraße 24, heute Galenstraße. Als aktives Mitglied der KPD in Witten wurde sie im März 1933 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Dieses Amt konnte sie aber wegen der Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht antreten, da diese die Zuteilung der Sitze an die gewählten kommunistischen Vertreter*innen für unwirksam erklärten. Nach der erzwungenen Auflösung der KPD war sie im Wittener Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv. Sie wurde 1935 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verhaftet und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Wenige Tage nach der Haftentlassung wurde sie erneut von der Gestapo zunächst im Polizeigefängnis Witten und später in Bochum eingesperrt. Von dort aus wurde sie erst in das Frauen-KZ Moringen bei Hannover und danach in das Frauen-KZ Lichtenburg bei Torgau deportiert. Am 4. Juni 1938 kam Anna Elfriede Möhrke aus dem Konzentrationslager frei. Frau Möhrke überlebte die Verfolgungszeit und wohnte seit 1946 in der Wilhelmstraße 19 und in den 1950er Jahren in der Kirchstraße. Anna Elfriede Möhrke starb am 29. April 1974 in Witten. Heute erinnert ein vom Wittener Friedensforum gestifteter Stolperstein in der Galenstraße an die couragierte Frau.

1 Mit Mut und List, Europäische Frauen im Widerstand gegen Faschismus und Krieg, Florence Hervé (Hrsg.), Papy Rossa Verlag, ISBN 978-3-89438